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40 Jahre Schützenpanzer Marder

Bild 01: SPz Marder


Am 7. Mai 1971 wurden die ersten Serienfahrzeuge des SPz MARDER zeitgleich in Kassel und Kiel an die Truppe übergeben. Bei der Konzeption ging man damals davon aus, dass der SPz MARDER im Verbund mit dem KPz LEOPARD 1 im Heer einen entscheidenden Beitrag zur Landesverteidigung leisten würde. Aber die Planungen der Geschichte sollten anders aussehen. Heute befindet sich kein KPz LEOPARD 1 mehr in der Nutzung und der SPz MARDER muss sich in Feuergefechten der Quick Reaction Force in den Räumen von Kunduz und Mazar-i Sharif bewähren! Das Jubiläum soll zum Anlass genommen werden, um insbesondere unseren jüngeren Leser einen technisch orientierten Überblick über 40 Jahre Nutzungsdauer inkl. der vorangegangenen, 11-jährigen Entwicklungszeit von diesem erfolgreichen Waffensystem zu geben.


Die Anfänge

In der Aufbauphase der Bundeswehr gestaltete sich gerade die Beschaffung eines geeigneten Schützenpanzers sehr schwierig, da kein Fahrzeug die bei den deutschen Panzergrenadieren praktizierte Kampfweise mit dem schnellen Wechsel zwischen auf- und abgesessenem Kampf in optimaler Weise ermöglichte. Dies wurde auch bei der provisorischen Beschaffung der Fahrzeuge M 39 und Bren Carrier deutlich. Daher wurde bereits im Mai 1956 das schweizerische Unternehmen Hispano Suiza mit der Entwicklung des Schützenpanzers HS 30 beauftragt. Die Prototypen besaßen noch einen Kriechgang zum Heck, durch den ein (mühseliges) Auf- und Absitzen der Panzergrenadiere erfolgen konnte. Im Laufe der Entwicklung mussten jedoch in dem Kriechgang eine Reihe von Baugruppen untergebracht werden, so dass später auch beim HS 30 zum Absitzen ein Sprung über die Bordwände notwendig war. Aus vielerlei Gründen gestaltete sich das Projekt "HS 30" zu einem nachhaltigen Desaster und die Truppe hatte wenig Freude an diesem Fahrzeug. So war dem Führungsstab des Heeres bereits mit Beginn der Auslieferung der Fahrzeuge im Herbst 1959 klar, dass der HS 30 allenfalls den Sofortbedarf für die Panzergrenadiere decken konnte. Er stellte jedoch nicht die adäquate Lösung für einen SPz dar, der in der Lage war, den in der Entwicklung befindlichen 30 to – Standardpanzer (dem späteren KPz LEOPARD 1) im Gefecht zu begleiten.

Daher wurden durch den Führungsstab des Heeres schon im Herbst 1959 die entsprechenden Militärischen Forderungen für eine neue Fahrzeugfamilie erlassen, in dessen Rahmen der Schützenpanzer zunächst das Pilotfahrzeug darstellen sollte. Für den neuen SPz wurde u.a. gefordert:

  • Höhere Absitzstärke (12 Mann statt 6 Mann)
  • Einbau eines Ein-Mann-Turmes mit einer MK 20 mm, maximales Gewicht: 1 500 kg
  • Möglichkeit zum schnellen und gefahrlosen Wechsel zwischen auf- und abgesessenem Kampf
  • Geländegängigkeit, Einsatzautonomie und Einsatzdauer sollten sich an den Leistungen des Standardpanzers orientieren
  • Partieller Schutz gegen 20 mm – Munition und vollständiger ABC-Schutz für die Besatzung
  • Niedrige Silhouette; Gesaamthöhe mit Turm unter 1 890 mm
  • Möglichkeit zur Unterwasserfahrt bis 5 m Wassertiefe
  • Verwendung von Querschnittsbaugruppen innerhalb der Fahrzeugfamilie

Wie so oft bei einer Panzerentwicklung wurden am Ende zwar viele, aber nicht alle der ursprünglichen militärischen Forderungen erfüllt.

Da zur damaligen Zeit offensichtlich genügend Haushaltsmittel verfügbar waren und sich das Verfahren zur Beschaffung von Wehrmaterial recht einfach gestaltete, konnten bereits im Januar 1960 die ersten Entwicklungsaufträge für sieben Prototypen der 1. Generation des Gruppenfahrzeugs an die folgenden beiden Firmengruppen vergeben werden:

  • Rheinstahl-Konzern mit den Tochterfirmen Ruhrstahl/Witten und Hanomag/Hannover
  • Henschel AG zusammen mit Fa. MOWAG/Kreuzlingen (Schweiz)

Die einengenden militärischen Forderungen führten zwangsläufig zu Konzeptlösungen, die dem HS 30 sehr ähnlich waren. Die Prototypen der ersten Generation wogen etwa 16 to und wiesen noch immer einen Heckmotor auf, Da jedoch das Getriebe im Bug platziert wurde, konnte ein ca. 650 mm breiter Heckzugang realisiert werden. Abgesehen von vielen technischen Unzulänglichkeiten entsprachen diese Fahrzeuge nicht den Vorstellungen des Bedarfsträgers.


Bild 02: Prototyp RU 112 aus dem Jahr 1961; die Ähnlichkeit mit dem HS 30 ist gut erkennbar. Zur Einhaltung der maximal zulässigen Fahrzeughöhe war im Bereich des Turmes eine Stufe (Absenkung) im Wannendach erforderlich.


Als Zwischenlösung wurden im Jahr 1962 die Prototypen RU 122 und RU 241 vorgestellt, bei denen sich der Motor in der Mitte des Fahrzeugs befand und somit ein breiter Heckzugang möglich wurde. Allerdings ergab sich dabei ein sehr zerklüfteter Kampfraum.


Bild 03: Rohentwurf des Fahrzeugs RU 122 aus dem Jahr 1962. Der Mittelmotor ermöglichte nun einen breiten Heckzugang. Der Kommandant war hinter dem Fahrer platziert.


Die Suche nach dem richtigen Konzept

Nach Untersuchung der ersten Fahrzeuge reifte beim Führungsstab des Heeres die Erkenntnis, dass die einengenden Forderungen aufgegeben werden mussten, um ein optimaleres SPz-Konzept zu ermöglichen. Neben dem Wegfall der Vorgabe nach einer maximalen Bauhöhe von 1 890 mm wurde auch die Besatzungsstärke von 12 auf 10 Mann reduziert. Im Oktober 1962 wurden die Entwicklungsverträge für sieben neue Prototypen des Gruppenfahrzeugs mit den Firmen Ruhrstahl (Hanomag) und MOWAG abgeschlossen. Firma Henschel nahm an diesem Wettbewerb nicht teil, da sich dieses Unternehmen vorrangig auf die Entwicklung weiterer Prototypen der Varianten: JPz Kanone, Mörserträger, KrKW und Raketenwerfer konzentrierte. Die Kooperation mit Fa. MOWAG wurde zuvor wegen Patentstreitigkeiten für beendet erklärt.

Für die Prototypen der zweiten Generation erfolgte ein konzeptioneller Neuansatz. Um einen großen Heckzugang zu ermöglichen, wurde bei den RU-Fahrzeugen der komplette Triebwerksblock nunmehr im Bug untergebracht – damit entfielen auch die störanfälligen Gelenkwellenverbindungen. Für die Fahrzeuge stand nun auch der von Fa. Rheinmetall neu konstruierte Ein-Mann-Turm Turm DL-RH 3 zur Verfügung, bei dem neben der 20 mm MK auch ein achsparalleles MG vorgesehen wurde. Nachdem der Kommandant anfangs noch links neben dem Turm platziert war, rutschte sein Platz bei den späteren Prototypen direkt hinter den Fahrer – damit konnte links neben dem Turm Platz zur Unterbringung eines später einzurüstenden Panzerabwehr-Raketensystems geschaffen werden. Das neue Konzept führte zu einer Vergrößerung der Fahrzeuge; das Gefechtsgewicht stieg auf ca. 26 to an. Im Rahmen des Truppenversuches wurde die Unterbringung des Kommandanten außerhalb des Turmes bemängelt, da dadurch die Sichtmöglichkeiten und die Führungsfähigkeit stark beeinträchtigt waren. Da die drehstabgefederten Fahrzeuge im Gelände ein unbefriedigendes fahrdynamisches Verhalten aufwiesen, wurde in den RU 264 eine Hydropfederung eingebaut. Hiervon versprach man sich günstigere Fahreigenschaften. Nach fast fünfjähriger Erprobung wurden die Versuche im Jahr 1971 wegen unzureichender Zuverlässigkeit und Standfestigkeit der Federelemente abgebrochen.


Bild 04: Prototyp RU 262 aus dem Jahr 1964 mit kompakten Trieb-werksblock im Bug – aber noch mit 1-Mann-Turm. Fahrzeug wies noch ein 5-Rollen-Laufwerk auf. Detail am Rande: Frontscheinwerfer völlig ohne Schutzbügel!


Nach der Trennung von Fa. Henschel beschritt Fa. MOWAG bei der Konzeption der Prototypen der zweiten Generation neue Wege: Sie verwendete in den PT M 211 und M 212 einen neuen, schmal bauenden 10 Zylinder-Zweitakt-Dieselmotor, der in der Fahrzeugmitte positioniert wurde. Damit konnte ein breiter Heckzugang und eine ausgeglichene Schwerpunktlage erreicht werden – allerdings ergab sich durch diese Anordnung eine Trennung der Besatzungsanteile in dem vorderen und hinteren Teil des Fahrzeugs.


Bild 05: MOWAG Prototyp M 211; erkennbar ist die Lage des Mittelmotors. Links und rechts neben dem Motor bestand nur ein schmaler Gang. Zu beachten sind die außenliegenden Elemente der Tellerfederung an den Laufrollen.


Im Herbst 1964 wurden mit verschiedenen Fahrzeugen auf dem Truppenübungsplatz Teulada auf Sizilien eine Hitzeerprobung durchgeführt. Bei dieser Einsatzprüfung wurden die Fahrzeuge nicht nur aufgrund der hohen Temperaturen hoch belastet, sondern auch durch das steinige Gelände im hohem Maße beansprucht. Bei diesen Versuchen zeigte sich, dass die relativ großen Laufrollenabstände häufig zu einem Abwurf der Kette führten, wenn diese einseitig belastet wurde. Es entstand eine heftige Diskussion darüber, ob man in Zukunft ein 6-Rollen-Laufwerk verwenden, und den damit verbundenen Gewichtsanstieg in Kauf nehmen sollte. Dieses Problem sollte interessanterweise gut 40 Jahre später bei einer aktuellen Schützenpanzer-Entwicklung erneut auftreten.Insgesamt zeigte es sich, dass vor einer Serienentscheidung eine weitere, dritte Prototypengeneration erforderlich war.


Zusätzliche Forderungen erfordern neue Konzeptlösungen

Aufgrund der weiteren Gewichtserhöhung auf ca. 27,5 to sollten in die neuen Prototypen der neue, abgasturboaufgeladene Motor mb 833 Ea 500 mit 442 kW Nennleistung eingebaut werden; alle Fahrzeuge erhielten ein drehstabgefedertes 6-Rollen-Laufwerk. Ende 1964 wurden mit den Firmen Rheinstahl AG Henschel und Fa. MOWAG entsprechende Entwicklungsverträge zum Bau von insgesamt zwölf (!) Prototypen der dritten Generation abgeschlossen. In den Jahren 1965/66 wurden die Fahrzeuge einer technischen Erprobung und einem anschließenden Truppenversuch unterzogen.


Bild 06: RU 361 aus dem Jahr 1966; das Fahrzeug war nun mit einem 6-Rollen-Laufwerk sowie einem Heck-MG ausgerüstet. Der Kommandant saß direkt hinter dem Fahrer. Links neben dem Turm befand sich noch die sog. "BANTAM-Klappe". Fahrzeug verfügt noch über zwei große Klappen über dem hinteren Kampfraum.


Während der Fertigung der Fahrzeuge wurden seitens des Bedarfsträgers zusätzliche Forderungen nachgeschoben: so sollten die Fahrzeuge nunmehr mit einer Lafette für ein Heck-MG ausgerüstet werden. Die Forderung nach Aufnahme des Kommandanten in den Turm ließ sich nicht so leicht technisch lösen, da hierfür nur ein Drehlagerdurchmesser von 720 mm zur Verfügung stand. Fa. KuKa konzipierte innerhalb eines Jahres einen passenden Zweimann-Turm; dabei mussten jedoch die Waffen oberhalb der Besatzung in einer Scheitellafettierung gelagert werden. Die Folgen der komplexen Munitionszuführung und die Eigenarten der außenliegenden Waffenlagerung sowie die konzeptbedingte Sichtausblendung für den Kommandanten im Bereich von 7-8 Uhr wurden damals in Kauf genommen.


Bild 07: Prototyp RU 363 aus dem Jahr 1966/67 mit nachgerüstetem 2-Mann-Turm und MK 20 mm in Scheitellafettierung sowie Heck-MG. Zu beachten: die kleinen seitlichen Luftansauggrätings im Fahrzeugbug zur besseren Kühlung der Bremsen. Nunmehr vier kleinere Luken über dem hinteren Kampfraum.


Während der Fertigung der Fahrzeuge wurde die Forderung nach Kampfmöglichkeiten der Panzergrenadiere unter Vollschutz erhoben. Diese Forderung bedingte den Einbau von vier Kugelblenden und konnte nicht mehr bei den Prototypen der dritten Generation berücksichtigt werden – zumal damit auch eine völlige Umgestaltung des hinteren Kampfraumes verbunden war. Somit mussten nach 9-jähriger Entwicklungszeit und Bau von insgesamt 28 Prototypen nochmals eine weitere Prototypgeneration vor einer Serienauswahl gefertigt werden! Mutigerweise wurden diese zehn Fahrzeuge dann bereits als Vorserienmodelle deklariert.


Die Vorserienfahrzeuge

Immerhin erfolgte im Oktober 1966 die Modellauswahl zugunsten der RU-Fahrzeuge. Fa. MOWAG schied aus, da diese u.a. nicht in das logistische Konzept der Fahrzeugfamilie SPz-neu passten. Die Auswertung von technischer Erprobung und Truppenversuch der letzten Prototypen flossen 1967 in den Konstruktionsstand der zehn Vorserienfahrzeuge ein. Die Verwendung des neuen RENK-Getriebes HSWL 194 ermöglichte nun eine glatte Bugfront, durch die die Sichtbedingungen für den Fahrer verbessert werden konnte. Die Integration eines Lenkflugkörpersystems wurde zurückgestellt, bis später mit der MILAN ein Flugkörper der zweiten Generation mit halbautomatischer Lenkung zur Verfügung stehen sollte. Alle Vorserienfahrzeuge verfügten nun über einen Zweimann-Turm mit scheitellafettierten Waffen und wannenseitig mit insgesamt vier Kugelblenden.


Bild 08: Vorserienfahrzeug VS 3005 bei einer Vorführung in Munster im Jahr 1969. Fahrzeug ist nun mit zwei Kugelblenden an jeder Seite ausgestattet. Turmform wurde nochmals geändert; statt der Kinon-Blöcke kamen nun Winkelspiegel zum Einsatz. Scheitellafettierung entspricht aber noch nicht dem späteren Serienstand.


Die Vorserienfahrzeuge erreichten nun ein Gefechtsgewicht von 27,5 to (ohne Schürzen). Im Zeitraum 1968/69 wurden die Vorserienfahrzeuge intensiv untersucht; Wenn auch die Fahrzeuge konzeptionell den Erfordernissen der Truppe entsprachen, so zeigten sich bei einzelnen Baugruppen noch erhebliche Mängel. Dies war u.a. eine Folge des ständig steigenden Gewichtes, welches im Bereich von Kraftübertragung, Bremsen und Laufwerk zu erhöhten Ausfällen führte. Von der Truppe wurde auch die hohe Lärmbelästigung im Kampfraum (Vibrationen) bemängelt.

Um die Serienfertigung nicht weiter zu verzögern, wurde bereits im Oktober 1969 ein Beschaffungsvertrag mit Fa. Rheinstahl AG Sondertechnik (Kassel) als Hauptauftragnehmer und Fa. MaK (Kiel) als Unterauftragnehmer abgeschlossen – obwohl zu diesem Zeitpunkt für die mängelbehafteten Baugruppen noch keine endgültigen und erprobten Lösungen vorlagen! Nach insgesamt 11-jähriger Entwicklungszeit und Bau von 28 Prototypen sowie zehn Vorserienfahrzeugen wurden am 7. Mai 1971 die ersten Serienfahrzeuge des SPz MARDER an die Truppe übergeben. Der Stückpreis betrug ca. 1,05 Mill. DM. Im Zeitraum von 1971 bis 1975 wurden insgesamt 2 136 SPz Marder für die Bundeswehr gefertigt (Rheinstahl: 1 261 Fzg.; MaK: 975 Fzg.). Von den zahlreichen, geplanten Familienfahrzeugen wurden später nur der FlaRakPz ROLAND und der Radarträger TÜR (nur Prototyp) realisiert. Die für die SPz-neu Familie geplanten Missionen wurden in den 70er Jahren auf dem Fahrgestell des M 113 aufgebaut, dessen Basisfahrzeug im Vergleich zum SPz MARDER damals nur ca. 35 % kostete.


Bild 09: Übergabe des ersten Serienfahrzeugs am 7.Mai 1971 bei Fa. MaK in Kiel. Zeitgleich erfolgte die Übergabe eines weiteren Serienfahrzeugs bei Fa. Rheinstahl AG Sonderfertigung in Kassel. Zu beachten ist die Form der Kettenabdeckungen vorn und hinten. Die Scheitellafettierungen für Hauptwaffe und Heck-MG haben ihre endgültige Form erreicht; die "BANTAM-Klappe" links neben dem Turm ist endgültig entfallen.


Der SPz Marder in der Nutzung

Bemerkenswerterweise ergaben sich auch nach intensiver Erprobung und eingehenden Truppenversuchen später immer wieder Wünsche des Nutzers nach funktionellen Verbesserungen; auch erforderte die Anpassung des Kampfwertes an die aktuelle Bedrohungslage eine stetige Modellpflege. Stichwortartig seien die bislang durchgeführten Kampfwertsteigerungsmaßnahmen aufgeführt:

  • 1977/78: Adaption der Waffenanlage MILAN mit 4 FK an Bord; die Absitzstärke reduzierte sich dadurch auf 7 Mann
  • 1979 – 1982: 1. KWS zum Marder1 A1: u.a. Einbau passiver Nachtsehgeräte der 1. Generation (Restlichtverstärker), Doppelgurtzuführer für die MK, Verstärkung des Seitenrichtgetriebes
  • 1984 – 1989: 2. KWS zum Marder1 A2: Umrüstung auf Wärmebildgerät beim Richtschützen, bzw. Einsatz von MIRA für WA MILAN; Entfall der Hecklafette
  • 1989 – 1998: 3. KWS zum Marder1 A3: Zusatzpanzerung für Turm und Wanne (Schutz gegen MK 30 mm), Neugestaltung von Munitionslagerung und - zuführung; Verlagerung des Turm-MG’s aus Waffengehäuse an die linke Turmseite; Anbringung von Staukästen bei gleichzeitigem Verzicht auf die Nutzung der Kugelblenden; Reduzierung der Dachluken für den hinteren Kampfraum von vier auf drei; Gewichtsanstieg auf 33,5 to
  • 2002 – 2005: 4. KWS zum Marder1 A5: Nachrüstung von 74 Fahrzeugen mit einem Schutz gegen Blast- und projektilbildende Minen; Änderung des Verstauungskonzeptes, Freiräumen des Kampfraumbodens, Befestigung des Sitzgestells am Wannendach; Gewichtsanstieg auf 37,4 to
  • 2011: Marder 1 A5A1: Ausrüstung von 35 Fahrzeugen mit Raum-Kühlanlage und Ausstattung mit Multispektraler Tarnausstattung; Gewichtsanstieg auf knapp 40 to

Bild 10: MARDER 1 A5A1 mit adaptierter Raumkühlanlage im Fahrzeugheck (2011). Aufgrund der beengten Verhältnisse im Kampfraum müssen alle zusätzlichen Ausrüstungselemente außen am Fahrzeug untergebracht werden; auch in der Heckklappe ist zusätzlicher Stauraum (für ABC-Overgarments) geschaffen worden.


Bild 11: MARDER 1 A5 mit Tarnkit für Einsätze in ariden Regionen. Das Tarnkit reduziert Entdeckbarkeit sowie die Aufheizung des Kampfraumes unter Sonneneinwirkung – führt jedoch zu Problemen bei einer notwendigen Dekontamination des Fahrzeugs.


Der Hersteller war natürlich bemüht, den SPz MARDER auch auf dem internationalen Markt zu platzieren. Hier gab es einen Anfangserfolg, als es Fa. Thyssen-Henschel im Jahr 1977 gelang, den leichten Panzer TAM nach Argentinien zu exportieren; hier folgten dann als Familienfahrzeuge der Schützenpanzer VCTP, der Mörserträger, der Führungspanzer, die Panzerhaubitze, der KrKW, der Bergepanzer und ein Raketenwerfer (teilweise nur Prototypen). Hier wurde in Argentinien die MARDER-Familie realisiert, die bei der Bundeswehr nicht zum Zuge kam! Weitere Verkäufe von MARDER-Fahrzeugen in südamerikanische Staaten sowie nach Thailand kamen überwiegend aus politischen Gründen nicht zu Stande. Versuche des Herstellers in den 90er Jahren, den SPz MARDER in die Schweiz, bzw. nach Griechenland zu verkaufen blieben ohne Erfolg. Zum Schluss konnte jedoch im Jahr 2008 noch ein Erfolg verbucht werden, nachdem sich Chile zum Kauf von 200 SPz MARDER 1A3 aus Beständen der Bundeswehr entschlossen hatte. Interessanterweise hat im Jahr 2011 Fa. RLS mehrere hundert SPz MARDER aufgekauft – und damit vor der sicheren Verschrottung bewahrt. Man wird mit Interesse verfolgen, wo diese Fahrzeuge (u.a. mit LANCE-Turm und verbessertem Schutz) in Zukunft einmal auftauchen werden.


Und die Zukunft?

Es gab zahlreiche hoffnungsfrohe Ansätze in der Vergangenheit, um den SPz MARDER in den 90er Jahren durch einen Nachfolger abzulösen: So war im Rahmen des Vorhabens "Kampfwagen 90" (KW 90) geplant, im Zeitraum 1997 – 2001 ca. 1 000 SPz MARDER 2 zu produzieren. Ein erster Versuchsträger wurde bereits 1991 vorgestellt und untersucht. Dieses Vorhaben fiel jedoch 1992 der "Friedensdividende" nach der Wiedervereinigung Deutschlands zum Opfer.


Bild 12: Versuchsträger VT 001 des SPz MARDER 2 mit Zwei-Mann-Turm und MK 35/50 mm, hier während Handhabungsversuche in Munster im Jahr 1992.


Ein neuer Anlauf wurde 1995 mit dem Vorhaben "Neue gepanzerte Plattformen" (NGP) unternommen. Hier war an eine neue Fahrzeugfamilie mit modularen Elementen gedacht – bestehend aus KPz, SPz und Unterstützungsfahrzeugen. Da hierbei der SPz über den gleichen Schutz wie der KPz verfügen sollte, zeigten erste Konzeptstudien für den NGP-SPz ein Gefechtsgewicht im Bereich von 55 – 72 to auf! Dies führte 1997 zu einer Denkpause bei allen Beteiligten, an deren Ende die Aufgabe des Gesamtvorhabens "NGP" stand. Lediglich der Schützenpanzer sollte – mit Rücksicht auf die lange Nutzungszeit des SPz MARDER – weiterverfolgt werden. Im Jahr 2000 äußerte der Inspekteur des Heeres die Vorstellung, dass ca. 1 000 Exemplare eines neuen SPz in der 50 to – Klasse produziert werden sollten.

Die Lage änderte sich vollkommen, als im Jahr 2001 die Forderung nach Lufttransportierbarkeit des neuen Schützenpanzers in dem geplanten "Future Large Aircraft" (FLA) (später: Airbus A 400 M) erhoben wurde; diese Forderung bedingte ein Lufttransportgewicht von 32 to! Hier war Kreativität gefordert, die sich zuvorderst in der Namensgebung des neuen Fahrzeugs niederschlug: fast im monatlichen Rhythmus wechselte der Name von: SPz 3, MMWS PANTHER, NSPz, NePz, IGEL bis hin zum PUMA.

Unbeschadet dieses Tohuwabohus wurde an der Planung des neuen SPz festgehalten. Nach einem Zwischenintermezzo, in dessen Rahmen die Einführung eines kampfwertgesteigerten schwedischen SPz CV 90 für die Bundeswehr seitens des BMVg favorisiert wurde, konnte schließlich nach mehreren Krisensitzungen im Herbst 2002 der Entwicklungsvertrag für einen in Deutschland entwickelten SPz mit Fa. PSM (anfänglich: "PANTHER System & Mangagement GmbH" – später: "Project System & Management GmbH") in Kassel abgeschlossen werden. Bereits Ende 2005 konnte dem Auftraggeber ein erster "Gesamtsystemdemonstrator" (GSD) vorgestellt werden, dem im Zeitraum 2006/2007 fünf Vorserienfahrzeuge folgten. Diese wurden in den Folgejahren intensiv untersucht, um die Komponenten einer Serienreife näher zu führen. Am 06.12.2010 wurden die ersten beiden Serienfahrzeuge das SPz PUMA dem Auftraggeber vorgestellt (aber nicht übergeben).

Falls es dem Auftragnehmer gelingen sollte, bis zum 31.12 2012 alle geforderten Systemleistungen erfolgreich nachzuweisen, so könnten günstigstenfalls Ende 2013 – also nach 12-jähriger Entwicklungszeit und Bau von sechs Prototypen, bzw. Vorserienfahrzeugen (vergleiche entsprechende Angaben für den SPz MARDER) – die ersten SPz PUMA and die Truppe übergeben werden. Der Nachfolger wird dann zwar ca. 13 % schwerer ausfallen als die aktuelle MARDER-Version. Der Stückpreis wird jedoch um den Faktor 16 höher sein, was einen Rückschluss auf die Komplexität des Nachfolgers und die zu erwartenden Nutzungskosten zulässt (Vergleich der Absolutpreise mit Preisstand 1971, bzw. 2010).


Bild 13: Vorgänger und Nachfolger friedlich nebeneinander: SPz MARDER 1 A3 und SPZ PUMA (GSD). Bezüglich Bauhöhe und Fahrzeuglänge bestehen keine gravierenden Unterschiede. Der SPz PUMA ist jedoch aufgrund des geforderten RPG-7-Schutzes erheblich breiter als der SPz MARDER. Zu beachten ist die unterschiedliche Buggestaltung.


Die Epoche des SPz MARDER würde sich dann nach ca. 45 Jahren Nutzungszeit - z.T. bis in Höhen von 4 300 m in Chile - und vielen Bewährungen im harten Einsatz zu Ende neigen. Dann bleibt es festzustellen, dass der SPz MARDER ein ausgesprochen erfolgreiches Kampffahrzeug war, welches die Messlatte sehr hochgelegt hat. Man wird fairer weise dem Nachfolger eine Chance geben, damit er diese Leistungen seines Vorgängers erreichen, bzw. ggf. übertreffen kann...


Autor: Wiss. Dir. Dipl.-Ing. Rolf Hilmes

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